Ein Affe in der großen Stadt - Jury-Joeyjoejoe17

21.09.2012 - 16:38 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Planet der Affen
20th Century Fox
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Man hat mich gebeten, einen Erfahrungsbericht darüber zu schreiben, welche Eindrücke ich so mitgenommen und was ich erlebt habe bei meiner Tätigkeit als Jurymitglied der Aktion Lieblingsserie. Doch wo fange ich an zu erzählen?

Wo fange ich an zu erzählen, wenn ich als ein aus einer ländlichen Gegend Stammender von der gewaltigen Größe der Hauptstadt überwältigt werde? Dieser riesige Bahnhof, diese unzähligen U- und S-Bahnlinien, an jeder Ecke ein Dönerladen, die unübersichtliche Anzahl an Straßen, und vor allem so viele Menschen. Erschreckend für jemanden, der aus einem übersichtlichen 1200-Seelen-Dorf im schönen Unterfranken stammt.

Starten wir doch einfach da, wo die Aktion selbst begonnen hat: Dem erneuten Aufruf von Moviepilot, einen Text zu einem seiner eigenen Lieblingsformate zu schreiben (nach der Aktion Lieblingsfilm ging es nun um Serien), folgte ich sehr gerne, zumal ich selbst letztjährige Aktion nur knapp verpasste. Kurz vor deren Beginn hatte ich mich auf MP angemeldet, kurz nach Ende erst davon erfahren (anfangs war ich noch nicht allzu aktiv). Ironischerweise schrieb ich in etwa zu dieser Zeit einen Text über meinen Lieblingsfilm No. 1, „Die Verurteilten“, der einige Monate später dann in der Speakers’ Corner) veröffentlicht wurde. Wenn man manchen Kommentaren Glauben schenken kann, dann hätte ich bei der ALF keine allzu niedrigen Chancen gehabt, vorne mitzuspielen, aber das halte ich für ein Gerücht, denn die damals ausgezeichneten Texte waren alle viel besser. Wie auch immer, bei der ALS wollte ich unbedingt mitmachen und die tolle Idee unterstützen. Doch zu welcher Serie sollte ich etwas schreiben?

Sollte ich meiner Lieblingsfigur aus meiner allerliebsten Serie, Richard Harrow (Jack Hutson) aus Boardwalk Empire, einen Monolog in den Mund legen, in dem er über seine Erfahrungen im Krieg, seine Verwundung und schließlich über seine Zusammenarbeit mit Jimmy Darmody (Michael Pitt) und Nucky Thomspon (Steve Buscemi) berichtet? Keine schlechte Idee, aber mir wollte dazu einfach nichts Greifbares einfallen. Oder beschreibe ich mich selbst als Mitglied der Sons of Anarchy und erzähle meine liebste Stelle in der Serie (das Ende von Staffel 4) aus meiner Sicht nach? Auch nicht schlecht, aber wieder wollten mir einfach keine Formulierungen einfallen. Oder sollte ich mich selbst als Opfer meines Lieblingsserienkillers inszenieren? Klingt gut, dachte ich mir. Ich versuchte etwas dazu zu schreiben und die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Das ist es!

Da die Aktion voranschritt und es Zeit wurde, das Communitymitglied, welches in der Jury mitmischen darf, zu wählen, war ich sehr überrascht, als man mich von redaktioneller Seite aus fragte, ob ich mich nicht zur Wahl stellen wollte. Ich stimmte natürlich zu und war umso überraschter, dass ich am Ende knapp mit den meisten Stimmen dastand. Ich nach Berlin? Ich in der Jury? Ich mit einer verantwortungsvollen Aufgabe? Ich fühlte mich sehr geehrt und möchte auf diesen Weg nochmals der Community danken, dass ich diese einmalige Erfahrung machen durfte! Das einzig Negative hierbei war, dass ich mit meinem bereits fertiggestellten Beitrag nicht im Wettkampf mitmachen durfte. Das Positive an dieser Sache war aber, dass ich meinen Text nochmal überarbeiten und ihn so umfangreich schreiben konnte, wie ich wollte, denn wegen der Begrenzung auf 800 Wörter war ich gezwungen, das ein oder andere heraus zu streichen. Diesen schickte ich dann wieder an die Speakers’ Corner unter dem Titel Darkly dreamin‘ Dexter Episode I und Episode II (tolles Format übrigens!) und erhielt leider verhaltene Reaktionen. Aber meine Vorfreude auf den Besuch im Headquarter von MP konnte das nicht trüben.

Einige Tage vor meiner Fahrt standen die 30 Texte fest, die es in die Endauswahl geschafft haben. Was folgte waren Abende, an denen ich alle Texte mehrfach las, beurteilte, gegeneinander abwog, in eine Bewertungsmatrix übertrug und meine Favoriten heraussuchte. Am Entscheidungstag selbst, nach einer entspannten Zugfahrt, auf der ich zwei weitere Kapitel des genialen Graphic Novels „Watchmen“ genießen konnte, stand ich also nachmittags im goldenen Saal von Moviepilot (wer es noch nicht weiß: Die Wände der unteren Büroetage sind goldfarben) und wurde von der Organisations- und Rezeptionsdame Claudia, die für mich die Bahntickets und die Hotelunterkunft gebucht hatte, begrüßt und an die Communitymanagerin Sonja (Sonse) übergeben. Es folgte eine informative Führung durch beide Stockwerke (im unteren die .de-, im oberen die junge (und internationale) .com-Abteilung), ich konnte Oliver (Batzman) bei der kreativen Arbeit beobachten, wurde in einige noch kommende Verbesserungen der Seite eingeweiht und bekam einen Einblick in Sonjas Aufgabengebiet. Der Rundgang führte auch am sog. Trashregal vorbei, in dem u.a. Filme stehen, die keiner haben möchte. Das Angebot, ein paar mitzunehmen, konnte ich nicht annehmen, denn es sind wirklich Filme, die einfach keiner besitzen will, selbst ich nicht. Dafür deckte ich mich mit Zitate-Postkarten und Sticker ein. Die sind wahrscheinlich sogar mehr wert als Machwerke wie Das Mädchen auf dem Meeresgrund mit Yvonne Catterfeld.

Dann war es endlich soweit, das Aquarium, einer der beiden Besprechungsräume, der mit Glaswänden und Fenstern umschlossen ist und in dem man aus dem Büroraum heraus wie Fische in einem Aquarium beobachtet werden kann, war vorbereitet und Frederik von critic.de war auch angekommen. So setze sich die Jury, bestehend aus der Chefredakteurin Ines (die nicht als solche bezeichnet werden möchte), der erfahrenen Redakteurin Jenny (the gaffer), Frederic Jaeger und mir – dem Joeyjoejoe17 – zusammen und jeder stellte seine persönlichen Favoriten der Endauswahltexte vor. Schnell konnten wir uns auf eine handvoll Beiträge einigen, die ganz vorne mitspielen konnten. Erneutes Lesen, Abwägen, Begründen und Diskutieren brachte schließlich die drei Gewinner und weitere prämierungswürdige Spitzentexte hervor. Ebenso zeichneten wir besondere Texte aus, dachten uns Namen für die Sonderpreise aus („Beste Pervertierung der Aufgabenstellung“, „Heimatpreis“ u. ä.) und verteilten die verfügbaren Gewinne.

Zwei Stunden später waren wir schließlich fertig – und hungrig. Also gingen wir vier Juroren plus Sonja und Praktikant Matthias (Beeblebrox) zum Italiener um die Ecke, aßen leckere Feinschmeckergerichte, tranken köstlichen Wein und redeten über Filme und Serien, meinen Beruf (ich bin Soldat und mache bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration), dies und das, Gott und die Welt. Angenehm anregend Gespräche ließen die schreckliche Hintergrundmusik fast vergessen. Nachdem wir gesättigt waren, führte unser Weg in einen Pub namens „The Clash“, in dem es leckere Biere und Schnäpse gab, und vor allem spitzen Musik (u.a. von meiner Lieblingsband Bad Religion) gespielt wurde. So ließen wir den aufregenden Tag gemütlich ausklingen, führten erneut anregende Diskussionen und ich lernte die sympathischen Mittrinker näher kennen. Am späten Abend trennten sich schließlich unsere Wege, alle fuhren nach Hause und ich ins Hotel.

Und welche Eindrücke sind nun bei mir hängen geblieben?
Erstens: Preise vergeben und Gewinner küren ist gar nicht so einfach, macht aber großen Spaß.
Zweitens: Das Arbeitsklima bei Moviepilot ist wirklich toll und man fühlt sich sofort heimisch.
Drittens: Im Vergleich zu Ines, Sonja, Jenny und Frederik bin ich kein allzu großer Filmnerd.
Viertens: Gesponsertes Essen und Trinken schmeckt immer noch am besten.
Fünftens: Berlin ist unangenehm groß und unübersichtlich.

Zu guter Letzt, damit kein schlechtes Bild auf Moviepilot fällt: Im Gegensatz zum geschätzten stuforcedyou, der letztes Jahr) bei der Aktion Lieblingsfilm als Juror tätig war, habe ich mein Portemonnaie nicht verloren.

Ich bedanke mich bei allen Beteiligten und Verantwortlichen für die Einladung und den tollen Tag. Es hat mir sehr große Freude bereitet, auch mal hinter die Kulissen schauen zu dürfen, die Personen hinter den Profilen kennen zu lernen, Teil dieser Aktion gewesen zu sein und in die Hauptstadt zu reisen.

„Vielen herzlichen Dank“ sagt der Affe (Joeyjoejoe17).

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