Raw Force 2, der Film, den es nicht gibt

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Raw Force (2)
Ansor International/ moviepilot
Aktion Lieblingsfilm: Raw Force (2)
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Aktion Lieblingsfilm bietet Usern die Chance ihre Lieblingsfilme vorzustellen, selbst wenn es sie, wie in diesem Fall, gar nicht gibt.

Manchmal werden Filme mit Fortsetzungen bedacht, die es eigentlich nicht nötig gehabt hätten, die diese Filme teilweise sogar in Verruf bringen. Ohne die Reihe verunglimpfen zu wollen, fällt einem da zum Beispiel die Rocky Reihe ein.

Dann gibt es Filme, die auf eine Fortsetzung ausgelegt sind, deren Qualität eine Weitererzählung auch zulassen würde, ja fast erforderlich werden lässt und die diese Fortsetzung sogar ausdrücklich versprechen. Hier kommen zum Beispiel die Turtles, Nolans Batman oder Zurück in die Zukunft in den Sinn.

Und es gibt noch eine Kategorie, eine tragische Kategorie, eine Kategorie, die an der Gerechtigkeit der Welt der Filme und der Welt generell zweifeln lässt: Die nämlich, in der sich Filme vergessen stapeln, die eine Fortsetzung verdient und versprochen aber doch nie erhalten haben.

Mein Lieblingsfilm existiert nicht.

Doch weil mein zweit liebster Film mit der Einblendung „to be continued…“ endet, ist es nicht möglich, dass, was mein Kopf aus diesen wenigen Worten und dem, was den Worten vorausgegangen war gemacht hat, nicht als ein eigenständiges Werk zu betrachten, das nur eine winzige Entfernung von der Realisierung trennt und damit in dieser Art Zwischenwelt verweilt, die die greifbare Realität von der unendlichen Welt der Fantasie und Ideen trennt.

Raw Force II.

Teil eins, wahrscheinlich unnötig zu wiederholen, endete mit der Flucht von der Insel. Doch die Insel besteht doch weiterhin, die Protagonisten sind entkommen, besiegt haben sie das Böse dort aber nicht.

Man kann nur erahnen, was für Prozesse nun stattfinden müssen, damit sich das menschenverachtende Leben und die pervertierte Gesellschaft dort wieder normalisiert. Vom Nachschub abgeschnitten, große Teile der Privatarmee dezidiert, das Jade gestohlen, die nackten Jungfrauen entkommen.
Denn auch wenn der erste Teil die Eindringlinge als Protagonisten darstellt, muss dem aufmerksamen Beobachter klarwerden, dass es die Gesellschaftsstruktur der kannibalistischen Mönche, die Insel selbst ist, die die eigentliche Geschichte erzählt. Warum ernähren sich die Mönche vom Jungfrauenfleisch? Beschützen die Mönche das Jade als Selbstzweck oder verleiht dieses ihnen die Kraft, die Martial-Arts kämpfenden Zombies zu erwecken und wenn ja: warum sollten sie diese Kraft nur zur Verteidigung nutzen? Ein Perpetuum Mobile mit unvorstellbarem Potential zu mehr. Wäre es nicht sehr viel sinnvoller, statt die Nazis vom Festland, die ihnen den Jungfrauennachschub sicherstellen im Austausch mit Jade zu bezahlen, die Zombies aufs Festland zu schicken, um die Jungfrauen zu besorgen? Und würde das nicht zu der Transformation der kompletten Sozialstruktur der Mönche führen, wenn diese plötzlich nicht mehr nur unsterblich auf ihrer Insel verweilen, auf das Versiegen der Jadevorräte langfristig und auf den neuen Festtagsbraten vom Festland kurzfristig warten? Völlig neue Funktionssysteme würden in der Gesellschaft notwendig: Koordinatoren, Militärs, die Zombies müssten, jetzt nicht mehr jahrhundertelang schlafend, versorgt werden und schließlich: muss nicht auch der Wunsch nach Expansion wachsen, werden die Mönche nicht irgendwann auf das Festland übersiedeln wollen?

Man merkt, die bereits ungemein komplexe Story des ersten Teils zwingt praktisch zum Weiterdenken.

Der einzige Grund, weshalb nicht Teil eins mein Lieblingsfilm ist, sind die teilweise mittelmäßigen Produktionsmittel. Die Kämpfe sind manchmal ob der Dunkelheit nicht erkennbar und als das Boot am Anfang des Filmes brennt, merkt man doch recht bald, dass das Special-Effects Team lediglich eine Bildspur mit Flammen im unteren Bildrand über das Originalbild gelegt hat, statt irgendetwas anzuzünden.

Auch die Anzüglichkeit des ersten Teils war überflüssig, solch analytische, fast wissenschaftliche Werke der Soziologie haben es nicht nötig, auch noch in der Psychologie der Sexualität zu fischen, um ihrem wissenschaftlichen Anspruch zu genügen. Außerdem, obwohl die Wirkung größtenteils erzielt wird, war es nicht nötig, die Bedeutung der Hauptpersonen herunterzuschrauben, indem man sie in den ersten zwanzig Minuten miteinander Sex haben lässt und zumindest alle Frauen mindestens einmal ohne Oberteil zeigt – Dass nicht die unvorsichtigen, auf der Insel strandenden Urlauber die Aufmerksamkeit des Zuschauers verdienen, wird offensichtlich, sobald man das erste Mal einen der philippinischen Mönche abgemagert und in einer Mischung aus böswilligem und trotzig beleidigtem Blick unter der Kapuze seiner Kutte hervorspinksen sieht.
Auf der anderen Seite muss man dem Film zugute halten, wie vehement er sich für Völkerverständigung und die Aufgabe rassistischer Ideologien einsetzt. Dem mit übertriebenem deutschen Akzent sprechenden Anführer der jungfrauenstehlenden, raubenden, brandschatzenden und vergewaltigenden Piraten mit Hitlerbart und weißem Kapitänskostüm einen mexikanischen Gefährten mit hakenkreuzgeziertem Stahlhelm zur Seite zu stellen ist ein meilenweit hervorzuhebender Akt der Völkerverständigung und Toleranz.

Teil zwei hat trotzdem einen Vorgänger, der die Erwartungen ins Unermessliche steigert, das ist verständlich und damit muss derjenige, der sich der Fortsetzung annimmt umzugehen wissen.
Bei der Fülle an Potential, der Vielzahl an Themen, möglichen Plots und Stories ist es aber nicht möglich, keinen Film zu machen, der in das ewige Gedächtnis der Menschheit eingehen wird.
In meinem Kopf existiert dieser Film. Jeder Twist, jeder Charakter, vom größenwahnsinnigen Diktator Mönch, dem demokratischen Gegenspieler auf der Suche nach einem Arrangement mit der Menschheit, der Zombieleibgarde und der Auflösung des Kannibalenmönch-Senats mit all seinen tyrannischen Konsequenzen für Mönch und Mensch und der unschlagbaren Söldnertruppe leichtbekleideter Frauen, die versucht, die überhandnehmenden Raubzüge der Zombies auf der Suche nach jungfräulichem Frischfleisch zu verhindern. Alles ist da, Teil zwei nicht als Film zu betrachten ist dumm. Er ist nicht weniger existent als du und ich. Und er übertrifft seinen Vorgänger, wird der Menschheit neue Wege zeigen.

Teil eins war großartig, Teil zwei wird weltbewegend. Oder wäre.


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